Bohrer-Sound im Fokus: Wie Forschung die Zahnarztangst mindern will
Für viele Menschen ist es nicht der Eingriff selbst, der Angst auslöst – sondern das schrille, durchdringende Geräusch des Bohrers. Dieser Klang allein kann schon beim Betreten der Praxis Herzklopfen und Anspannung hervorrufen. Ein japanisches Forschungsteam hat diesen Zusammenhang ernst genommen und untersucht, wie sich der typische Bohrersound technisch verändern lässt – mit dem Ziel, ihn weniger belastend wirken zu lassen.
Unter der Leitung von Dr. Tomomi Yamada (Universität Osaka) wurde mithilfe modernster Aeroakustik-Technik analysiert, wo genau die unangenehmen Frequenzen im Bohrvorgang entstehen. Im Zentrum der Untersuchung stand ein klassischer, luftgetriebener High-Speed-Bohrer mit über 300.000 Umdrehungen pro Minute. Durch aufwändige Simulationen der Luftströme innerhalb des Handstücks konnten die Forscher genau nachvollziehen, welche Wirbel und Turbulenzen den hohen, als unangenehm empfundenen Pfeifton erzeugen.
Die Erkenntnis: Es sind nicht nur die Dezibelzahlen, also die reine Lautstärke, die das Geräusch als störend erscheinen lassen, sondern die Zusammensetzung der Frequenzen. Besonders hohe Töne im Bereich von 10 bis 20 Kilohertz, die bei vielen Bohrern auftreten, können gerade bei empfindlichen Menschen und vor allem bei Kindern Stressreaktionen hervorrufen. Die akustische Belastung ist also keineswegs „Einbildung“, sondern messbar.
Basierend auf den Strömungsdaten entwickeln die Forscher nun optimierte Bohrkopf- und Luftauslass-Designs. Ziel ist es, genau jene Frequenzen zu dämpfen, die typischerweise Angst oder Unwohlsein auslösen, ohne die Leistungsfähigkeit oder Kühlung des Bohrers zu beeinträchtigen. Erste Versuchsmodelle zeigen, dass sich das Geräuschbild tatsächlich verändern lässt. Statt des schrillen Surrens entsteht ein gedämpfterer, weniger aufdringlicher Klang.
Bevor solche Geräte jedoch in den Alltag einer Zahnarztpraxis einziehen können, sind weitere Schritte notwendig: technische Verfeinerung, Sicherheitsprüfungen, Haltbarkeitstests und enge Kooperationen mit Dentalgeräteherstellern. Die Forschung wurde bereits auf der renommierten Tagung der Acoustical Society of America vorgestellt, was ein wichtiger Schritt auf dem Weg in die Praxis ist.
Für Angstpatienten bedeutet diese Entwicklung eine potenziell große Erleichterung. Denn wenn der Stressauslöser „Bohrgeräusch“ entschärft werden kann, sinkt oft auch die Schwelle, einen Zahnarzttermin wahrzunehmen. Zwar handelt es sich derzeit noch um eine Technologie in der Entwicklung, doch die Richtung ist vielversprechend: Statt das Angstempfinden zu ignorieren, wird es erstmals auf technischer Ebene gezielt adressiert.
Der Zahnarztangstratgeber bleibt an dem Thema dran und berichtet, sobald die neuen Bohrersysteme den Praxistest bestehen und für Patienten verfügbar sind.
Die Studie finden Sie hier: https://acoustics.org/making-quieter-dental-drills-to-reduce-dental-anxiety/